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Beate Brieden
Telefon: 05241 – 211 84 17
E-Mail: beate.brieden(at)guetersloh.de
Dienstzeiten: Montag bis Donnerstag
SPIELRAUM ist ein Projekt des Kultursekretariat NRW Gütersloh und wird gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.
Geschäftsführerin Antje Nöhren
Kirchstraße 21
Geschäftsstelle
33330 Gütersloh
Telefon: 05241-211840
Telefax: 05241-2118421
E-Mail: kultursekretariat-nrw@guetersloh.de
Die erste Antragsphase ist abgeschlossen, zehn Projekte wurden von der Jury ausgewählt – nun ruft das Kultursekretariat NRW Gütersloh zum zweiten Mal die Bespieltheater der Mitgliedsstädte auf, sich zu bewerben. In dem gemeinsam mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Arbeitskreis Bespieltheater entwickelten Programm SPIELRAUM steht die Steigerung der Wahrnehmung und Sichtbarkeit der Spielstätten ohne eigenes Ensemble im Fokus. Bewerbungen sind bis zum 30. September 2023 möglich.
Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW) hat gemeinsam mit dem Kultursekretariat NRW Gütersloh (KSNRWGT) und Bespieltheatern in NRW das Programm SPIELRAUM gestartet, um damit Gestaltungsräume für die Weiterentwicklung der Gastspielbühnen im Land zu schaffen. Ziel ist es, die Wahrnehmung, Sichtbarkeit und Publikumsbindung der Bespieltheater in den Mitgliedsstädten des Kultursekretariats zu steigern und zusammen mit der professionellen Freien Szene Projekte zu entwickeln, die mit der jeweiligen Strategie der antragstellenden Häuser korrespondieren. Inhaltlich sollen die Projekte einem der nachstehenden Förderbereiche zugeordnet werden können – auch die Kombination von mehreren Bereichen ist möglich.
Projektträger*innen können sich in ihrem Antrag auf einen oder mehrere Förderbereiche beziehen. Die geplante Maßnahme sind mit Bezug auf den jeweiligen Förderbereich zu beschreiben.
2023–2025
Antragsberechtigt sind Bespieltheater in den Mitgliedsstädten des Kultursekretariat NRW Gütersloh ohne eigenes Ensemble. Übersicht der Mitgliedsstädte.
Es stehen jährlich insgesamt rund 400.000 Euro zur Verfügung, die sich auf die drei oben genannten Förderbausteine verteilen.
Der Projektzeitraum endet am 31. Dezember 2025. Projekte können bis dahin mehrjährig angelegt sein.
Beate Brieden | Kultursekretariat NRW Gütersloh
Projektkoordination SPIELRAUM
Tel. 05241 21184-17
beate.brieden(at)guetersloh.de
Die Bühne der Stille 2.0 lädt das Publikum ein, über die Rolle von Social-Media bei der Gestaltung unserer Welt und unseres Selbstverständnisses nachzudenken und das kreative, verbindende und stimmgebende Potenzial dieses mächtigen Mediums zu erkunden.
Unter der Leitung von #5630 e.V., einem interdisziplinären Team aus Künstler*innen, Pädagog*innen und Expert*innen, erforschten Schüler*innen und Lehrer*innen des Getrud-Bäumer-Gymnasiums Remscheid die Wunder und Gefahren dieser komplexen und oft verwirrenden Welt. Sie diskutierten und erörterten das kreative Potenzial der Sozialen Medien, aber auch ihre Fähigkeit zu Konflikten und Zerstörung und setzten sich mit den grundlegenden Fragen auseinander:
Was ist Realität? Was ist Fiktion?
Dabei entstanden ist ein Ausstellungskonzept, das das schöpferische, verbindende und stimmgebende Potential von Social Media auf der eine Seite und das Konfliktpotential, die Zerstörungs- und Zersetzungskraft auf der anderen Seite unmittelbar erlebbar macht.
Im interaktiven Ausstellungsraum wurde die eigens komponierte Musik so angeordnet, dass sie mittels Sensoren steuer- und veränderbar ist. Ein Spiegel lässt durch ein Portal in die neugeschaffene digitale Welt, das freiversum, blicken. Darin ist der Avatar von Lilli, einer der entworfenen Protagonistinnen, zu sehen, die auf die Bewegungen der Besucher*innen reagiert. Über eine Künstliche Intelligenz können die Besucher*innen das freiversum aktiv mitgestalten.
Der Ausstellung war vom 3. bis zum 10. Februar 2023 im Gertrud-Bäumer-Gymnasium in Remscheid zu sehen, wo auch die Workshops stattgefunden haben. Langfristiges Ziel ist, die Geschichten der entworfenen Protagonist*innen mit einer professionellen Produktion auf der Theaterbühne zu präsentieren.
Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie in der Dokumentation (PDF, nicht barrierefrei).
Das Projekt „Bühne der Stille 2.0/freiversum“ ist eine Koproduktion des #5630 e.V. und dem Teo Otto Theater Remscheid. Gefördert durch das Kultursekretariat Gütersloh, die Stadt Remscheid und den Bergischen Kulturfonds.
Foto: #5630 e.V.
Im Rahmen der Bespieltheater-Förderung in NRW startet das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW) ein neues, gemeinsam mit dem Kultursekretariat NRW Gütersloh (KS NRW) und einem Arbeitskreis der Bespieltheater in NRW entwickeltes Förderprogramm, das Projekte und Produktionen in NRW fördert. Die übergeordnete Zielsetzung des Programms SPIELRAUM ist es, Potenziale und Synergien zwischen Freier Szene und Bespieltheatern in NRW auszubauen.
SPIELRAUM knüpft an das Vorgängerprojekt Heimwärts an. In Kürze erhalten Sie auf dieser Webseite Informationen zum Förderprogramm und den geförderten Produktionen.
Foto: Theater Marabu Bonn, „Der Bär, der nicht da war“, Foto Ursula Kaufmann
Vor dem Unterzeichnen eines Vertrags sollten die AGB gründlich gelesen werden – diese Einsicht kommt für die drei Protagonist*innen im Stück „Doors (No Exit)“ zu spät: Sie melden sich auf eine Anzeige im Internet und wollen eine Nacht in dem Appartement in der Pariser Rue Beautreillis verbringen. Dass nicht alle das Appartement des vor über 50 Jahren verstorbenen Jim Morrison lebend verlassen, haben sie überlesen.
Musiker Joe, der nach Inspiration für sein zweites Album sucht und Soziologie-Studentin Ada, die ihre Bachelorarbeit zum Thema „Kill your idols“ schreibt und Sängerin von „LEK“ (Lesbisches Elektronik Kollektiv) ist, werden als erstes von dem fragwürdigen Liftboy in das Appartement geführt. Über der Zurschaustellung ihrer eigenen künstlerischen Darbietungen und dem Philosophieren über Mainstream, unzeitgemäßen Idolen und Musik vergessen sie beinahe den wiederholten Hinweis des Liftboys: Sie haben nicht nur für eine Nacht eingecheckt.
Erst als sie merken, dass die Instrumente die fehlenden Möbelstücke nicht aufwiegen können, ihre Fluchtversuche scheitern und Valeria, die sich „Angel“ nennt und an einem Morrison-Musical arbeitet, eincheckt, ahnen die drei, in welche prekäre Situation sie sich gebracht haben.
Der Liftboy, der die drei Bewohner*innen inzwischen mit Hasch-Oblaten und einer mysteriösen roten Flüssigkeit auf eine andere mentale Ebene befördert hat, verkündet, dass sie an einer Competition teilnehmen müssen. Der am besten performte Doors-Song entscheidet darüber, wer das Appartement wieder verlassen darf.
In Anlehnung an Satres „Geschlossene Gesellschaft“ entsteht mit „Doors“ eine Eigenproduktion des Theaters Gütersloh, bei der die Zuschauer*innen mit viel Musik tief in den Kosmos Jim Morrisons eintauchen.
Am 3. September 2022 feierte das dubiose Schauspiel von Fink Kleidheu Premiere.
„Als bei unserem langjährigen Kooperationspartner, den Ruhrfestspielen Recklinghausen, vor fast zehn Jahren ein Frankreich-Schwerpunkt angedacht war, kam mir der Gedanke, Jean-Paul Sartre und Jim Morrison zu verknüpfen. In meinem Kopf verbandelten sich die „Geschlossene Gesellschaft“ des großen französischen Existenzialisten, in der er 1944 eine Hölle ganz ohne Fegefeuer skizziert, und die Textzeile „No one here get’s out alive“, mit welcher der begnadete amerikanische Lyriker und Frontman der Doors den Skandal unserer endlichen Existenz beschreibt. Morrison starb in Paris und so wurde sein dortiges Appartement zur Destination für unseren heiter-musikalisch-existenzialistischen Trip. Zum 50. Todestag von Morrison, 2021, schien mir der Zeitpunkt gekommen, um aus der Idee endlich ein Stück entstehen zu lassen. Natürlich enthält es eine Menge Doors-Songs, aber es wird auch neue Songs von Tilman Rammstedt und Svavar Knútur geben. Leider mussten wir die Premiere aufgrund der Corona-Pandemie zweimal verschieben und freuen uns umso mehr, dass das Stück endlich zur Aufführung kommt“, so Regisseur Christian Schäfer.
Es spielen Christine Diensberg, Svavar Knútur, Lucie Mackert und André Rohde.
Weitere Infos und Tickets finden Sie auf der Webseite des Theaters Gütersloh.
© Fotos: Kai Uwe Oesterhelweg
Am 29.04. veranstaltet das Kultursekretariat NRW Gütersloh gemeinsam mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit der INTHEGA, dem Büro der Landestheater und dem FORUM der KulturStadtLev einen Fachtag für „Bespieltheater“.
Im Rahmen der Konferenz sollen die Ergebnisse der landesweiten actori-Umfrage zur Bestandsaufnahme der „Bespieltheater“ in NRW vorgestellt werden und die daraus abgeleiteten Eckpunkte für ein zielgerichtetes Landesförderprogramm, die diskutiert und konkretisiert werden sollen.
Von Christian Schäfer
Im Jahr 2020 sollten in Gütersloh zwei Jubiläen gefeiert werden: der 10. Geburtstag des Theaters und der 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens. Dass beides 2020 nicht stattgefunden hat, ist der Covid-19-Pandemie geschuldet, die beim Startschuss für unsere Koproduktion „Der Mann der sich Beethoven nannte“ noch nicht zu erahnen war. Es sei hier kurz skizziert, wie unsere Zusammenarbeit mit der Neuköllner Oper entstand und wie wir es mit Hilfe und Glück geschafft haben, die Uraufführung von Moritz Rinke, Mathias Schönsee, Rebecca Raue und dem Trickster Orchestra durch kunstwidrige Zeiten zu lotsen.
Angefangen hat alles mit einer Kurznachricht an den unweit von Bonn großgewordenen Bestsellerautor Peter Prange, bei dem ich mich erkundigte, ob er sich ein Stück zu Beethoven vorstellen könne. Bei unseren Eigen- und Koproduktionen interessieren wir uns im Wesentlichen für die Kreation von Neuer Dramatik. Zumeist assoziativ zu Themen, die uns sowohl lokal als auch global relevant erscheinen. Das Anklopfen bei Autor*innen und Musiker*innen ist hierbei also zumeist der erste Schritt zur Umsetzung einer bei uns entstandenen Idee. Bei Peter Prange waren wir im April 2019 nicht die Ersten, die mit einer solchen Frage auf ihn zukamen. Aktuelle Romanprojekte ließen es aber seinerzeit nicht zu, zwischendurch ins Dramafach zu wechseln.
Peter wusste jedoch, dass Moritz Rinke bereits erste Ideen für ein Beethoven-Stück entwickelt hatte, welche noch nicht zur Umsetzung gelangt waren. Von Moritz hatten wir zuletzt 2015 „Wir lieben und wissen nichts“ vom Schauspiel Frankfurt eingeladen. Da ich mit ihm auf Facebook befreundet bin, konnte sehr schnell herausgefunden werden, dass es tatsächlich eine Idee gab, die auf die Umsetzung wartete und dass es dazu erste Gespräche mit der Neuköllner Oper gegeben hatte. Ich telefonierte mit Moritz, kurz darauf auch mit dem Neuköllner Intendanten Bernhard Glocksin und wir trafen uns alle gemeinsam in Neukölln. Die Chemie stimmte und wir alle mochten die Idee, das transnationale Trickster Orchestra für die musikalische Umsetzung zu gewinnen. Als Ort der Uraufführung wurde das Theater Gütersloh benannt.
Der Rahmen war gesteckt, die Dimension wurde deutlich und damit auch klar: ohne Förderung würden beide Partner das Unterfangen nicht stemmten können. In Neukölln stellte man daraufhin erfolgreich einen Antrag bei der bundesweiten Abteilung von BTHVN2020, während in Gütersloh die Heimwärts-Jury überzeugt werden und der Förderverein des Theaters ins Boot geholt werden konnte. Alles war sehr vielversprechend und wir waren dankbar und happy. Bis Corona ins Spiel kam, die Theaterwelt auf den Kopf stellte und auch „Der Mann der sich Beethoven nannte“, an den Rand des Scheiterns bringen sollte.
Es ist den nie resignierenden Kolleg*innen in Berlin und der in normalen Zeiten unüblichen Möglichkeit, Förderzusagen auch über den angesetzten Zeitraum hinaus verlängern zu dürfen, geschuldet, dass das Unternehmen eben nicht scheiterte. Auch ohne im Lockdown spielen zu dürfen und ohne mich als vorgesehenen Co-Dramaturgen wurde in Berlin zunächst bis zur Aufführungsreife geprobt und mittels digitaler Einführungsgespräche auf die Inszenierung aufmerksam gemacht.
Eine besondere Herausforderung für eine Produktion, die viele freischaffende bzw. nicht ständig beschäftigte Künstler*innen vereint und dazu von zwei Häusern herausgebracht wird, die durchaus weit im Voraus planen, war die Findung eines Ersatztermins für Gütersloh. Zunächst erschien sogar unklar, ob es überhaupt zu bewerkstelligen sein würde. Die Lösung bestand schließlich in einer Umstellung: Die Berlin-Premiere und eine Serie von gut 20 Vorstellungen musste vor die Gütersloh-Premiere verlegt werden und der Aufschlag in NRW gelang nur durch die Verlängerung des Beethoven-Jahres 2020 bis ins Jahr 2022. Es war in keinster Weise selbstverständlich, dass hierfür gemeinsam sowohl mit dem Kultursekretariat NRW Gütersloh als auch mit BTHVN2020 die Weichen gestellt werden konnten. Es war letztlich eine Entscheidung im Sinne der Künstler*innen und der unbürokratischen Kunstermöglichung.
Und doch waren einen Tag vor der Reise nach Ostwestfalen-Lippe nochmal Durchhaltevermögen und Fortune gefragt, als nämlich Hauptdarstellerin Maya Alban-Zapata krankheitsbedingt ausfiel. Nun schien unser Beethoven–Ofen endgültig aus. Doch dann zauberten die findigen Neuköllner*innen die unerschrockene Schauspielerin und Sängerin Claudia Renner aus dem Hut. In Gütersloh angekommen wurde Claudia in zwei intensiven Probentagen von Regisseur und Co-Autor Mathias Schönsee, der musikalischen Leiterin Cymin Samawatie (für die tricky Gesangsparts!) und dem ganzen Ensemble rührend gebrieft. Eine gemeinsame Kraftanstrengung, die Jubel, tolle Rezensionen und einen eigenen Artikel über „Die Frau, die Beethoven rettete“ in der lokalen Presse zur Folge hatte.
Als Theaterleiter bin ich allen Beteiligten, unseren Förderern von „Theater in Gütersloh e.V.“ und insbesondere „Heimwärts“ sehr dankbar, dass wir die Produktion mit diesen so spannenden Partner*innen trotz aller Widrigkeiten durchführen und in Gütersloh zu solch einem beglückenden Abschluss bringen konnten. Eine ermutigende Erfahrung für die vor uns liegenden Zeiten und zukünftige „Heimwärts“-Vorhaben! Glück auf!
Foto: Matthias Heyde
Von Stefan Keim
Azdyne legt Georges die Hand auf die Brust. Eine Geste der Freundschaft und des Mitgefühls. Aber auch eine Grenzüberschreitung, eine Anmaßung. Denn Azdynes Sohn Sami gehörte zu den Attentätern, die im November 2015 im Pariser Bataclan-Theater wahllos Menschen getötet haben. Darunter war Georges Tochter Lola. Auch Sami ist gestorben. Nun treffen sich die Väter, um miteinander zu reden. „Wir haben Worte“ heißt die Koproduktion des Westfälischen Landestheaters Castrop-Rauxel mit dem Institut für Kulturarbeit der Stadt Recklinghausen.
Kein Wort an diesem Abend ist erfunden. Grundlage des von Christian Scholze verfassten Stücks ist das Buch „Il nous reste les mots“ (Uns bleiben die Worte) von Azdyne Amimour und Georges Salines, das Anfang 2020 in Frankreich erschien. Ein Protokoll der Gespräche zwischen den beiden, das auch auf Englisch erschienen ist. Eine deutsche Übersetzung gibt es bisher nicht, nur das Theaterstück.
Das Totschweigen eines Traumas
Die Initiative zum Dialog ging von Azdyne Amimour aus. In seiner eigenen Familie, so erzählt er im Stück, wird das Thema totgeschwiegen. Kein Wort über das große Trauma, das der Sohn hinterlassen hatte. Georges Salines ist Präsident einer Selbsthilfegruppe der Terroropfer. Er willigte ein, mit dem Vater eines der Täter zu sprechen.
Nun sitzen die beiden Schauspieler und Wolfgang Wirringa auf der Hinterbühne im Festspielhaus Recklinghausen. Beide tragen schwarze Rollkragenpullover, sitzen auf Stühlen vor zwei ungefähr zwei Meter hohen grauen Kästen. Es könnten Särge sein oder Trichter von Lautsprechern, vielleicht auch stilisierte Häuser. Die Ausstattung von Jeremias H. Vondrlik schafft einen Rahmen, löst Assoziationen aus, gibt aber keine klaren Deutungen vor.
Theater der Zwischentöne
„Wir haben Worte“ ist eine Aufführung der feinen Zwischentöne. Ohne die realen Personen nachspielen zu wollen, erkunden die Schauspieler die Gedanken und Gefühle der beiden Väter. Wolfgang Wirringa ist als Azdyne der aktivere, gestenreichere. Schließlich hat er den Vorschlag gemacht, sich zu treffen, hat das Verlangen, sich auszutauschen. Azdyne erzählt, wie sein Sohn Samy sich immer mehr für den Islam interessiert, sich von der Familie entfernt, immer mehr unter den Einfluss von Radikalen gerät. Der Vater stellt sich die Frage, ob er es verhindern konnte, ob er nicht aufmerksam genug war. Und berichtet von Razzien der französischen Polizei, bei denen alle Familienmitglieder wie Verbrecher behandelt wurden.
Georges ist in der Verkörperung von Neven Nöthig rationaler, bleibt offen, setzt aber immer wieder Grenzen. Was im Vater der 28jährigen Lola, die beim Konzert vor der Bühne getanzt hat, vorgeht, deutet der Schauspieler nur an. Gerade der sensible Minimalismus berührt, die kleine Geste, die von Trauer und Verzweiflung erzählt. Als ihm Azdyne die Hand auf die Brust legt, lässt Georges das einen Moment lang zu. Dann nimmt er die Hand und schiebt sie weg, ohne Azdyne zu verletzen. Die Geste geht ihm zu weit, aber er will den anderen nicht beleidigen. Diese Behutsamkeit und Genauigkeit prägt Ralf Ebelings packende Inszenierung.
Der Dialog als einzige Chance
Am Ende sind die beiden nicht Freunde geworden. Es gab keine Umarmung, keine großen Worte der Vergebung. Aber die Einsicht, dass man miteinander reden muss, dass Dialog möglich ist, um zumindest Feindschaft zu überwinden. Nach jeder Vorstellung bietet das Westfälische Landestheater eine Diskussion an. In Recklinghausen erzählten die Zuschauerinnen und Zuschauer zum Teil sehr persönlich von eigenen Gedanken und Erfahrungen. Ein Besucher berichtete, dass Nordafrikaner und Araber in französischen Großstädten keine Chance auf einen Arbeitsplatz hätten. Dass die Verzweiflung groß ist und eine Möglichkeit, Teil der Gesellschaft zu werden, kaum vorhanden ist.
Solche Theaterabende bieten die Möglichkeit, tiefer in Themen einzutauchen als es der Journalismus ermöglicht. Auch wenn sich die beiden Schauspieler nicht als Verkörperungen der realen Väter verstehen, ist ihre körperliche Präsenz und ihr herausragender Umgang mit Sprache ein Erlebnis, das berührt. Natürlich gibt es Täter und Opfer, doch in ihrer Verlorenheit finden die beiden Männer Momente der Gemeinsamkeit. Es wäre vermessen, sie beide verstehen zu können, das kann ein 75 Minuten langes Stück nicht leisten. Aber ein Gefühl für beide Seiten entwickelt sich schon. Der Titel „Wir haben Worte“ ist stimmiges Understatement. Denn in diesen Worten steckt sehr viel.
18. Oktober Kulturhaus Hamm
6.–10. Januar 2023 Westfälisches Landestheater Castrop-Rauxel Studio
Foto: Volker Beushausen
Spielzeitstart | Januar |
Spielzeitende | Januar |
NRW Förderprogramm bringt Theaterschaffende aus ganz Deutschland ins Teo Otto Theater
Remscheid/Gütersloh Fast 70 Mitwirkende aus dem ganzen Bundesgebiet trafen sich am Mittwoch, den 6. September 2023, zum ersten Netzwerktreffen im Rahmen des NRW Förderprogramms SPIELRAUM im Teo Otto Theater der Stadt Remscheid. Gemeinsam mit dem Fachverband der Gastspielbranche INTHEGA und dem NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste lud das Kultursekretariat NRW Gütersloh Vertreter*innen der Bespieltheater, der professionellen Freien Szene sowie Kulturvermittler*innen zu einem produktiven Austausch ein, mit dem Ziel, neue Kooperationen anzubahnen.
Jenseits von Vortragsreihen und theoretischen Impulsen knüpften die Teilnehmenden Kontakte durch Speed-Datings und ergründeten in dynamischen Workshop-Formaten, wie die Zusammenarbeit von Bespieltheatern und Freier Szene gelingen kann. So wurden Ideen für gemeinsame Projekte kreiert, die im Programm SPIELRAUM realisiert werden können. Regisseur Dominique Schnizer moderierte das Netzwerktreffen.
„Das Kultursekretariat erprobt an diesem Tag ein neues, offenes Format, das dazu anregen soll, eine Brücke zwischen zwei unterschiedlichen Theaterwelten zu schlagen,“ erläutert SPIELRAUM-Programmkoordinatorin Beate Brieden. „Mit dem vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW geförderten Programm können Kooperationsprojekte entstehen, die Anstoß für eine nachhaltige Zusammenarbeit geben.“
Geschäftsführerin Antje Nöhren ergänzt: „Ein zentrales Anliegen des Programms SPIELRAUM ist die Förderung der Bespieltheater im Netzwerk des Kultursekretariats. Wir sprechen da über rund 50 Häuser, die in kleinen und mittleren Städten sehr wichtig für das regionale Kulturangebot sind. Die Verknüpfung der professionellen Freien Szene mit den Bespieltheatern kann spannende Impulse für das Publikum liefern. In diesem Sinne hat die heutige Veranstaltung einen Impuls für eine im besten Fall nachhaltige Erweiterung des Netzwerks gegeben.“
Seit Beginn des Jahres läuft das Programm SPIELRAUM, mit dem die Sichtbarkeit der Bespieltheater in den Mitgliedsstädten in der öffentlichen Wahrnehmung nachhaltig gesteigert werden soll. Hierzu haben das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW und das Kultursekretariat NRW Gütersloh auf Basis eines Beteiligungsprozesses mit den Bespieltheatern Förderbausteine entwickelt, die dabei unterstützen, die Zusammenarbeit mit Gruppen der professionellen Freien Szene voranzutreiben. Der Kulturvermittlung kommt, auch mit Blick auf ein zielführendes Audience Development, ein besonderer Stellenwert zu.
Foto: Christoph Meinschäfer